Im Klartext heißt das: Rechtsberatung und -vertretung bekommen nach § 2 der ver.di-Rechtsschutzrichtlinie Selbstständige bei Streitigkeiten "aus Rechtsverhältnissen gegenüber ihren Auftraggeber*innen" etwa bei Honorarforderungen, Vertragsverstößen und der unerlaubten Nutzung ihrer eigenen Werke.
Zusätzlich greift der Schutz beispielsweise bei Problemen mit der Kranken- oder Rentenkasse, etwa auch beim Statusfeststellungsverfahren oder beim Ärger mit der Arbeitsagentur und Sozialbehörden.
Im Zivil- und Strafrecht gibt es eine Unterstützung nur dann, wenn der Streit direkt mit einem selbst eingegangenen Dienst- oder Werkvertrag zusammenhängt, im Verwaltungsrecht in speziellen Fällen, in denen eine grundsätzliche Klärung herbeigeführt werden muss. Dazu gehörte etwa der Streit um die Bescheide der ersten Corona-Soforthilfen.
Weil es bei Selbstständigen immer wieder Missverständnisse zum Umfang der gewerkschaftlichen Unterstützung in Rechtsfragen gibt, wollen wir hier auch klar stellen, dass diese ein beruflicher Rechtsschutz gegenüber Auftraggebern und damit kein umfassender Privat- oder Betriebsrechtsschutz ist. Daher kann, soll und darf der ver.di-Rechtsschutz weder bei Angestellten noch bei Selbstständigen abdecken: Streitigkeiten aus Miet- und Kaufverträgen sowie selbst vergebenen Aufträgen, Zoff mit Mitbewerbern, Versicherungen, Telefongesellschaften oder Social-Media-Plattformen, individuelle Probleme mit dem Finanzamt, Abmahnungen etc. – Anders: Gewerkschaftlichen Rechtsschutz gibt es nicht für jedes Problem, das (auch) eine berufliche Dimension hat, sondern für (die Abwehr von) Forderungen die sich direkt im Streit mit eigenen Auftrag- oder Arbeitgebern ergeben. Ergänzt wird dieser berufliche Schutz um den Sozialrechtsschutz.
Beim ver.di-Rechtsschutz geht es – ein ebenfalls verbreitetes Missverständnis – auch nicht darum, dass eine ständige anwaltliche Vertretung für alle Geschäftsbereiche verfügbar ist, der beispielsweise jeder Vertragsentwurf zur kritischen Durchsicht übergeben werden kann. So etwas können selbst kommerzielle Rechtsschutzversicherungen nicht leisten, deren Mindesttarife für Selbstständige rund 30 € monatlich starten. Auch die werden erst im Streitfall aktiv. – Natürlich kann es im Einzelfall Sinn machen, Verträge und Vereinbarungen vor der Unterschrift auf unklare Punkte durchzuschauen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Je nach Kenntnis und Kapazität können die ver.di-Mitarbeiter*innen vor Ort sogar auch das noch leisten, ist aber keine Selbstverständlichkeit. Es bleibt daher das Kerngeschäft der Selbstständigen, ihre Vereinbarungen mit Kunden wenigstens zu lesen und gegebenenfalls zu diskutieren. Verstößt ein Auftraggeber dann gegen Verträge, verletzt jemand die eigenen Urheberrechte oder muss ein Streit mit einer Sozialversicherung geführt werden, ist und bleibt das selbstverständlich ein gewerkschaftlicher Rechtsschutzfall.
Nicht jeder berufliche Streit muss vor Gericht enden. Viele Probleme lassen sich bereits durch eine umfassende Beratung klären. Selbstständige können und sollten sich bei Problemen deshalb erst einmal bei selbststaendigen.info oder im Servicecenter für den eigenen Bezirk individuell informieren. – In manchen Regionen ist es Standard, dass erst mal die zentrale Selbstständigenberatung schaut, ob und wie das Problem zu lösen ist. Dann verweisen die (Landes-)Bezirke die Anfragende zuerst an das ver.di-Beratungsnetzwerk, in dem allerdings keine Jurist*innen aktiv sind, sondern engagierte Berufskolleg*innen. Die Beratung ist also nicht Teil des Rechtsschutzes und darf auch nicht umfassend juristisch beraten. Das untersagt das Rechtsdienstleistungsgesetz. (Mehr dazu hier bei selbststaendigen.info.)
Wenn ein Rechtsstreit unvermeidlich ist, muss auf jeden Fall der ver.di-Bezirk (oder Landesbezirk) als mitgliedernächste Einheit entscheiden. Dort sollte immer vor Beauftragung eines Anwaltes oder dem Einreichen einer Klage ein Rechtsschutz-Antrag eingereicht werden. Kosten, die vor Kontakt mit ver.di entstanden sind, werden nur in besonderen Fällen und nur aus Kulanz übernommen. Ein Antrag wird in der Regel auch schnell genehmigt, vorausgesetzt, die Rechtssache hat eine Erfolgschance und der Mitgliedsbeitrag stimmt. – Es müssen leider immer wieder Anträge abgelehnt werden, weil (teilweise jahrelang) nur ein Bruchteil des satzungsgemäßen Beitrags von einem Prozent des Gewinns gezahlt wird. Ein guter Grund, regelmäßig nachzuschauen, ob der aktuelle Beitrag dem derzeitigen Jahreseinkommen entspricht.
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