Tarifverträge für Selbstständige

01.06.2013

Feste Honorarsätze für definierte Aufgaben, Urlaubsgeld, ein verbesserter Schutz vor Auftragskündigung. Dies und viel mehr lässt sich auch für Selbstständige – vorausgesetzt, viele arbeiten viel für einen Auftraggeber – durchsetzen: per Tarifvertrag.

Selbstständige, die viel für einen Auftraggeber arbeiten und damit „wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig" aber nicht Scheinselbstständige sind, definiert das Tarifvertragsgesetz als „arbeitnehmerähnliche Personen“. Was heißt „viel für einen Auftraggeber arbeiten“? Konkret heißt das: Wer mehr als die Hälfte (im Medien- und Kulturbereich ein Drittel) des Einkommens bei einem Auftraggeber verdient, gilt als „arbeitnehmerähnliche Person“. Und für sie gelten eine Menge Sonderrechte: Anspruch auf bezahlten Urlaub, Bildungsurlaub, das Arbeitsgericht als zuständig für Auseinandersetzungen mit dem Auftraggeber. – Und schließlich dürfen die Gewerkschaften für diese Arbeitnehmerähnlichen Tarifverträge abschließen.

Vorher muss aber einiges geschehen:

  • In der betreffenden Branche / einem großen Unternehmen muss es ausreichend Selbstständige geben, die zu über fünfzig Prozent ihres Arbeitseinkommens von einem Auftraggeber beziehen. Bei Medien- und Kulturschaffenden liegt die Grenze bei einem Drittel. Diese gelten als „arbeitnehmerähnliche Personen“, für die ihre Gewerkschaft Tarifverträge über Mindestarbeitsbedingungen abschließen kann. So steht es im §12 a des Tarifvertragsgesetzes.
  • Es müssen sich ausreichend viele von ihnen in ver.di organisieren, damit ver.di Verhandlungsmacht hat. Sie müssen sich treffen und gemeinsam mit ver.di auf ihre Tarifforderungen einigen: Höhe der Vergütungen, Urlaubsregelungen, Krankenzuschuss, Arbeitszeitregeln und Ähnliches – zu allen Fragen, die über in Tarifverträge geregelt werden können.
  • Ein Tarifvertrag muss mit den Auftraggebern oder ihren Verbänden verhandelt – und durchgesetzt – werden. Das können Gewerkschaften nicht in reiner Stellvertreter-Funktion tun. Sie brauchen dazu die Rückendeckung der betroffenen Mitglieder und die Solidarität der Angestellten in derselben Branche. Im Notfall dürfen auch Selbstständige für tarifliche Ziele streiken, und sie bekommen dabei Streikgeld von der Gewerkschaft.
  • Ist der Tarifvertrag durchgesetzt, gelten Mindestarbeitsbedingungen für die tariflich gebundenen Honorarkräfte (also die Gewerkschaftsmitglieder) bei den tariflich gebundenen Auftraggebern, also zum Beispiel bei den Mitgliedern des Verbandes, mit dem der Tarifvertrag ausgehandelt wurde. Denn Tarifverträge gelten nur für Mitglieder laut § 3 Tarifvertragsgesetz, auch wenn das viele Nichtmitglieder ungern wahrhaben wollen.